Kinderhospiz Sterntaler e.V.
Sowohl das Kinderhospiz Sterntaler e.V. als auch die häusliche ‚Kinderkrankenpflege Sterntaler‘ machen durch ihre engagierte Arbeit deutlich, dass Pflege keine Frage des Alters ist und leider schon die Kleinsten treffen kann. Nach dem Tod der Gründerin übernahm Anja Hermann die Geschäftsführung, nachdem sie jahrelang an der Seite von Ursula Demmer den Werdegang des Vereins und der häuslichen Kinderkrankenpflege in beachtlicher Manier mitgestaltet hat.
PN: Frau Herrmann, wie wurde die „Vision vom Kinderhospiz Sterntaler“ realisiert?
„Durch eigenes Erleben und Erfahrungen hat sich Ursula Demmer auf den Weg gemacht, um Mitstreiter für ihre Idee zu gewinnen, ein stationäres Kinderhospiz ins Leben zu rufen. Die ersten Vereinsmitglieder waren Ärzte und Schwestern, die sich zusammenschlossen, um die Vision eines stationären Kinderhospizes zu verwirklichen. Da der Verein seinen Sitz in Mannheim hat war es ursprünglich geplant, auch die Einrichtung in Baden-Württemberg zu verankern. Dieser Weg erwies sich jedoch als äußerst schwierig und so kamen wir über einige Umwege an unser wundervolles Domizil in der Pfalz. Manchmal jedoch sind Umwege zielführender als der scheinbar direkte Weg. Durch viel Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation mit Betroffenen wurden den Initiatoren klar, dass vor dem Aufbau des stationären Kinderhospizes noch erst ein anderer Schritt erfolgen muss.
Viele betroffene Familien erklärten, sie benötigen vor allem Unterstützung in der häuslichen Pflege und viele wollten und konnten nicht erst auf die Unterstützung in Form einer stationären Einrichtung warten. Dazu muss man wissen, dass sich die Pflege von erkrankten Kindern und Jugendlichen deutlich von der der Erwachsenenpflege unterscheidet und von einem ‚normalen‘ Pflegedienst für Erwachsene nicht geleistet werden kann. Da Ursula Demmer eine Frau der Tat und nicht nur der Worte war, nahm sie die geäußerten Nöte entsprechend ernst und wirkte so lange und zielstrebig, bis sie die häusliche ‚Kinderkrankenpflege Sterntaler‘ ins Leben rufen konnte, die mit ausgebildeten Kinderkrankenschwestern die Pflege der Kinder und Jugendlichen gewährleisteten.“
PN: Was genau umfasst die Arbeit der häuslichen Kinderkrankenpflege?
„Diese Arbeit ist sehr umfangreich. Es beginnt mit der Betreuung der erkrankten Kinder, Anleitung und Beratung von Eltern, die sich u.a. auch um Frühchen kümmern müssen, bis hin zur Schulbegleitung von schwerst mehrfachbehinderten Kindern, die unterschiedlichste Unterstützung benötigen. Aber auch die palliativmedizinische Versorgung für Kinder und Jugendliche stellt unsere ambulante Kinderkrankenpflege sicher. Unser Personal ist ausgewiesenes Fachpersonal, anders wäre es nicht möglich, die Kinder und Jugendlichen fachgerecht zu versorgen und die angemessene Pflege zu gewährleisten. Parallel zur häuslichen Pflege wuchs zum Glück auch die Anzahl unserer ehrenamtlichen Mitarbeiter, die sich um nichtmedizinische Belange unserer Kinder und Familien kümmern und von unschätzbarem Wert für die Familien und unsere Einrichtung sind. Man kann sagen, dass wir mit dem Bedarf natürlich gewachsen sind, wodurch wir auch auf einem festen Fundament stehen.“
PN: Wann konnten Sie die stationäre Einrichtung endlich in Betrieb nehmen?
„2007 konnten wir endlich mit dem Umbau beginnen und 2009 haben wir mit drei Zimmern den Betrieb aufgenommen. 2015 konnten wir den Neubau einweihen. Nachdem wir in Mannheim und Umgebung nicht fündig wurden, hat uns die Pfalz ein wunderbares Zuhause beschert, besser hätten wir es nicht treffen können. Der Platz ist wunderschön, die Natur wirkt sehr beruhigend und alle fühlen sich dort sehr wohl. Nichtsdestotrotz bleiben wir mit unserem Verwaltungssitz als Verein Mannheim treu und von hier aus ist ja auch unsere häusliche Kinderkrankenpflege aktiv. Wir begehen dieses Jahr gleich zwei Jubiläen: 10 Jahre stationäres Kinderhospiz Sterntaler und 15 Jahre häusliche Kinderkrankenpflege Sterntaler. Mehr Infos zu unseren Veranstaltungen in Verbindung mit unseren Jubiläen findet man auch auf unserer Webseite oder unserer Facebookseite.
PN: Wie können die Familien die häusliche Pflege und einen eventuellen Aufenthalt im Hospiz finanzieren?
„Im speziellen Falle der häuslichen Kinderkrankenpflege muss die Einstufung in einen Pflegegrad vorliegen. Wir bieten auch Beratungsgespräche an, bereiten die Einstufung durch den MDK vor. Im Bereich der häuslichen Kinderkrankenpflege haben wir nur in seltenen Fällen einen Spendenbedarf. Z.B., wenn ein Kind verstirbt und es wurden nur 8 Pflegestunden verordnet. Dann kann ein Mehraufwand entstehen, denn selbstverständlich lassen wir in solchen Situationen die Familien nicht alleine. Dieser Bedarf wird dann durch Spendengelder gedeckt.
Bei einem stationären Hospizaufenthalt ist die Lage eine andere: Hier ist es wichtig, dass eine unheilbare Erkrankung des Kindes mit progredierendem Verlauf attestiert wird. Erst dann hat das Kind einen Anspruch auf einen Hospizpflegeplatz. Der dafür bereitgestellte Satz ist allerdings nur zur Finanzierung des Aufenthalts des erkrankten Kindes bestimmt und auch in diesem Bereich noch immer nicht kostendeckend. Die gravierende Lücke entsteht, wenn es um die Finanzierung des Pflegepersonals und die Aufnahme der Eltern und Geschwisterkinder geht. Auch die pädagogische Betreuung, Musiktherapie, Aromatherapie – all das sind Dinge, die nicht finanziell durch den Gesetzgeber abgedeckt sind und dafür sind Spenden unerlässlich. Nicht zu vergessen sind dabei die Sterbe- und Trauerbegleitung, die enorm wichtig sind und ausschließlich durch Spenden finanziert werden. Von Bau- und Instandhaltungskosten ganz zu schweigen. So beginnen wir jedes Jahr immer wieder bei Null, um all die Spenden zu generieren, die dringend erforderlich sind, um die anfallenden Kosten zu decken und einen reibungslosen Betrieb gewährleisten zu können.“
PN: Was sind die Bedürfnisse pflegender Eltern und Familien?
„Im Grunde sehr einfach: Schlafen, Essen und endlich einmal durchatmen können. Die ständige Sorge um das kranke Kind und den Bruder oder die Schwester setzen alle Betroffenen unter Strom und irgendwann ist der Akku leer. An dieser Stelle kommen wir ins Spiel, denn bei uns im Hospiz können sich alle eine Auszeit nehmen. Anfang des Jahres geben uns die Familien ihre Wunschtermine und das Belegmanagement versucht, allen Bedürfnissen gerecht zu werden. Falls allerdings ein akuter Fall eintritt, so hat dieser natürlich Priorität und die anderen Familien zeigen dafür immer Verständnis.“
PN: Warum gibt es Ihrer Meinung nach so wenige ambulante Kinderkrankenpflegedienste?
„Ich glaube bis heute war es einfach nie ausreichend thematisiert worden, dass Kinder und Jugendliche ebenfalls schwerste Pflegefälle sein können und die betroffene Familien besondere Unterstützung benötigen. In der Regel übernehmen die Mütter ja den Pflegepart. Den Menschen, der Gesellschaft ist nicht wirklich bewusst, wie viele betroffene Kinder und Familien es gibt. Wir haben einen enormen Schritt in der Medizin nach vorne gemacht und Kinder, die in der Vergangenheit schneller verstarben, haben heute, dank der wissenschaftlichen Entwicklung eine sehr viel höhere Lebenserwartung. Einige Patienten haben wir von Kindheit an begleitet und heute sind sie im Teenager-Alter. Das ist schön und wir freuen uns, sie dabei begleitet haben zu dürfen.“
PN: Zum Abschluss noch die obligatorische Frage: Warum haben Sie sich entschlossen, in die Pflegenetzwerke einzutreten?
„Netzwerken ist uns ein großes Anliegen. Wir sind in Rheinland-Pfalz sehr viel bekannter, als in Baden-Württemberg. Da wir aber ein Mannheimer Verein sind, ist es uns natürlich wichtig und sind wir dankbar, mit den Pflegenetzwerken eine Plattform zu erhalten, die uns ermöglicht, unsere Anliegen auch in der Quadrate-Stadt bekannter zu machen.“
Liebe Frau Hermann, wir bedanken uns für das Gespräch und tun unser Bestes, den Sterntalern eine gute Plattform zu bieten.